Moritz Eggert (geb. 1965 in Heidelberg)

 

Moritz Eggert ist einer der vier Komponisten des Livehörspiel-Projekts LEIPZIGNOIR 1914. In seiner unkonventionellen und experimentellen Art äußert er sich über seine Herangehensweise an das Stück:

 

"Ist Leipzig eine schwarze Stadt? Hat Leipzig eine dunkle Vergangenheit, oder mystische Geheimnisse? Es scheint ja eine gewisse Melancholie über der Stadt zu liegen, die jedes Jahr zum Beispiel Tausende von Gothics zum Wave-Gotik-Treffen anzieht. Keine andere deutsche Stadt kennt so viele Absintherien, keine andere deutsche Stadt kennt eine so lebendige Underground-Szene. Es scheint sich also um eine recht lebendige Melancholie zu handeln, eine Melancholie des Widerstands.


Der Hörspieltext LEIPZIGNOIR 1914 von Jan Decker verfolgt eine spezifische Geschichte, die mittels erfundener und existierender Figuren ein Panorama der Stadt um 1914 zeichnet. Mich hat es eher interessiert, die Ränder dieser Geschichte zu erforschen, was vorher und was nachher passiert, welche Menschen mit Leipzig verknüpft sind, wie ihre Geschichten ein historisches Panorama formen. Daher kommt Deckers Text in meinem Stück bis auf einen einzigen Satz nicht vor.


Notgedrungen ist ein solches Panorama subjektiv und unvollkommen, ohne Anspruch auf historische Vollständigkeit. (Ehemalige) Ehrenbürger und Bürgermeister treten auf, verwoben mit Kollagen aus Wikipedia-Artikeln, Gedichtfragmenten, Biografien. Eine lineare Erzählung entsteht erst im Kopf des Hörers.


Stilistisches Hauptmerkmal meiner Musik ist das Unvorhergesehene, Unverortbare, Atopische, das mich im Moment ästhetisch besonders interessiert. Große Teile des Textes werden gesungen oder gerappt, wobei Profanität und musikalische Aggressivität wichtige Stilmittel sind, wenn über Gräueltaten und ungeheuerliche Vorkommnisse gesprochen wird. Letztlich entsteht aber gerade durch diesen Zorn eine Liebeserklärung an Leipzig, ein Blick zurück aus dem Jahre 2014, kurz bevor die 100 Jahre seit 1914 zu Ende gehen.


Vielleicht brauchen auch andere Städte solche süßen, dunklen Geheimnisse. Denn an Schwärze gibt es in unserem Land sicherlich keinen Mangel."

 

Moritz Eggert, 6.10.2014

 

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