Jan Decker (geb. 1977 in Kassel)
Jan Decker ist der Autor des Textes für das Livehörspiel-Projekt LEIPZIGNOIR 1914. Hier äußert er sich zu seinen Gedanken, die ihn vor und während des Schreibens beschäftigten:
Ich habe LEIPZIGNOIR 1914 gemeinsam mit dem FZML entworfen, um dem Hörspiel und der Hörspielmusik ein Labor zu schaffen, das es erlaubt, einmal fernab ausgetretener Pfade zu gehen. Die Grundidee, dass vier unterschiedliche Komponisten mit einem Text ganz unterschiedlich umgehen, ist das Spannende und auch das Sensationelle an diesem Labor. Es ist meines Wissens nach das erste Mal in der Rundfunkgeschichte, dass so etwas ausprobiert wird.
Mir ging es beim Schreiben von LEIPZIGNOIR 1914 darum, eine Begegnung mit den Komponisten auf Augenhöhe zu schaffen. Wenn sich zwei Kulturen begegnen (und Komponisten und Autoren kommen aus zwei verschiedenen Kulturen), ist Respekt und Toleranz wichtig. Daher habe ich einen Hörspieltext geschrieben, den ich so auch gern von einem Rundfunksender vertont gehört hätte, einen brauch- und spielbaren Text. Ich hoffe auf den Respekt der Komponisten, mit dieser Zumutung tolerant umzugehen.
Zumutung, denn der Hörspielkomponist steht normalerweise in einer dienenden Rolle. Er komponiert Musik nach den Vorgaben und Ansprüchen des Rundfunksenders. Es ist (im besten Sinn) Gebrauchsmusik. An diesem Ansatz müssen sich die ausgewählten Komponisten reiben, und ich lese aus ihren Statements heraus, dass sie das tun. Dass sie darauf mit Musik reagieren, dass sie also komponierend ein Statement zu ihrer Haltung zu Gebrauchsmusik abgeben, ist das Spannende an diesem Projekt.
Trotzdem oder eben gerade darum habe ich keine Arienvorlagen geschrieben, sondern eine in sich geschlossene Handlung, die Phantastik, Spuk, nationalistische Irritation, fehlgeleiteten Mythos und die dauernde Versuchung von Menschen angesichts von Krieg und Mord in einem Pandämonium vorführt. Wie viel von diesem schwarzen Leipzig werden die Komponisten zu Gehör bringen? Ich bin gespannt.
Jan Decker, 14.11.2014
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